für Old Mäx

Ich weine. Gestern ging es ihm gut, ich habe ihn gebürstet und wir waren beide glücklich, dass er etwas dicker geworden ist. Er hat einen Apfel gemampft und dabei so geschmatzt, wie ich es liebe. Ich dachte "du kommst gut durch den Winter kleiner Schatz"
Er dachte "meine Reise geht woanders hin liebster Mensch"

Er war schon alt, als er zu uns kam. Shettywallach Max - wahrlich ein Old Mäx. Als Beistellpferdchen weitergereicht. Körperlich gebrechlich und Misstrauen im Blick. "Älter als dreißig Jahre" - so stimmten Tierarzt und Hufschmied überein. Rangniedrig in der Herde und brav im Umgang mit Menschen,

brav - wie wenig ich dieses Wort mag.

Ich erklärte ihm, dass er fortan ein freies Pony sei. Nichts mehr tragen, nichts erdulden - kein Gewicht und kein zappelndes Geschrei auf dem Rücken. Nicht mehr folgsam Folgen, wenn einem die andere Richtung richtiger erscheint. Er hat mir nicht geglaubt.
Wir überzeugten ihn und das ungläubige Staunen, das plötzlich in seinen Augen blitzte, berührt mich bis heute tief. Old Mäx wurde zu einem geschätzten, geliebten, sehr, sehr wertvollen Mitglied unserer Pony - Mensch - Gemeinschaft. Und er tat nur, was er wollte. Er wählte, auf welchem Fleck er sich aufhalten, wann er fressen und wann er trinken wollte. Er entschied, ob er an einer kleinen Rauferei oder einem Ausflug auf die Weide teilnehmen oder ob er lieber zuschauen und in der Sonne dösen wollte. Old Mäx wurde mit über dreißig Jahren zu einem freien Pony. Ich glaube allerdings der Freigeist wohnte immer schon in ihm. Old Mäx besaß die Erfahrung eines langen Ponylebens, er hatte viel gesehen, viel erlebt, erlitten vielleicht, er ließ uns daran teilhaben. Er wusste immer, wann es wirklich brenzlig wurde und wann man sich lieber in den Schatten zurückziehen sollte. Ein Blick bei vermeintlicher Gefahr - auf den Kleinsten in der Herde - und drei Ponynasen tauchten weiter genüsslich ins Gras. In jedem Konflikt wirkte er ausgleichend und harmonisierend. Er war ruhig und besonnen und hatte einen unglaublich schrägen Humor. Sein meckerndes Wiehern klang tief und sonor und forderte sofortige Aufmerksamkeit. Old Mäx war unser Freund, ein guter Kamerad. Ein kleiner Zwerg,

89 Zentimeter hoch - mit der Persönlichkeit eines großen Mannes.

Sein Tod hat uns erschüttert, jeden einzelnen von uns - er fehlt in unserer kleinen Pony- Mensch - Gemeinschaft. Er fehlt unseren Augen und Ohren, er fehlt beim Fellchenkraulen. Es fehlen seine sanften Lippen, die ein Leckerchen von meiner Hand naschen.
Old Mäx, Du fehlst.

Und dann spüre ich - und die Ponys spüren es auch, so weit fort ist er nicht. Hat sich ja nie weit von der Herde entfernt, ist eine treue Seele. Du bist immer noch hier, in unserer Mitte. Dein Kraulen ist ein leichter Hauch im Fell der Ponys - und jedes noch so leise Schmatzen, das an mein Ohr dringt, lässt mich schmunzelnd an Dich denken.
Überhaupt denke ich oft an Dich, liebes kleines Mäxchen.
Die Zeit mit Dir hat mich vieles gelehrt. Ganz praktische Dinge - wie die Pflege eines Ponys im Alter.

Aber auch Achtung und Anerkennung, wie Du trotz Deines hohen Alters mit uns allen Schritt hieltest und manchmal, an wunderbaren Tagen einen kleinen Trab wagtest.
Scherzhaft habe ich Dich manchmal - unseren guten Geist - genannt. Heute weiß ich es sicher, Du bist unser guter Geist - Du lebst weiterhin mitten unter uns - und hältst uns auf Trab.
Mone Dopp

Kommentare: 3
  • #3

    Tatjana Liss-Horst (Sonntag, 11 Dezember 2016 22:40)

    Liebe Mone, deine Worte berühren sehr. Sie zeugen von Liebe, Fürsorge und Achtung. Max muss ein wunderbarer kleiner Kerl gewesen sein. So schön, dass ihr einander hattet.

  • #2

    Christa U. (Sonntag, 11 Dezember 2016 09:06)

    Liebe Mone,
    gerade lese ich diese Zeilen über Max - Maximilian der Große.
    Er hat nun sein Erdenkleid abgestreift und ist zur Quelle zurück und Eins mit allem...

    Lieber Maximilian, innigen Dank, dass ich dir begegnet bin und wir uns spüren dürften.
    Vom ganzen Herzen wünsche ich dir ein lichtvolle und jubelreiches Sein. Das bist du!

    Liebe Mone, ich umarme dich wortlos und warm, von Herz zu Herz
    liebevoll
    Christa

  • #1

    Doris Rauh (Mittwoch, 10 Februar 2016 20:55)

    Nicht die Zeitlänge entscheidet über die Verbindung, die wir mit anderen Wesen aufbauen, sondern die Intensität und die Stärke des aufeinander Einlassens!
    Und ja, die Energie, die eine Kreatur hat, wird nie vergehen!